Redaktion / Einmal Scow, immer Scow?

Auf den diesjährigen Bootsmessen sind sie nicht zu übersehen: Die Scows sind auf zahlreichen Ständen vertreten, von kleinen Küstenkreuzern bis hin zu Hochseebooten. Was zunächst das Vorrecht der Minis oder Class40 war, setzt sich nun auch bei den Serienbooten durch. Was einst wie eine architektonische Kühnheit aussah, ist heute zur Norm geworden und für kleine Werften fast schon ein Muss.

Die breite Silhouette und der runde, volle Bug sind zur neuen Sprache der Schiffsarchitekten geworden. Mehr als eine Entwicklung, es ist eine ästhetische und technische Revolution, die sich auf den gesamten Markt ausgebreitet hat. Der Scow ist nun das Zeichen für ein aktuelles, modernes Boot, das sofort erkennbar ist.

Die Ästhetik ist zugegebenermaßen nicht jedermanns Sache. Die Puristen unter den Feinzeichnern runzeln die Stirn und sehnen sich nach den schlanken Bugs, die die Wellen wie eine Klinge durchschnitten.

Aber die Konservativen müssen den Tatsachen ins Auge sehen: Innerhalb weniger Jahre hat dieser atypische Rumpf die klassischen Formen weggefegt. Man versucht nicht mehr zu überzeugen: Man stellt aus. Der Scow ist wie selbstverständlich in die Landschaft eingezogen. Der Markt hat gesprochen. Die Messen sind voll von Scows, und egal, ob man sie attraktiv oder plump findet, sie verkaufen sich.

Denn seien wir ehrlich: Wenn man die Marketingreden und die schon oft gehörten hydrodynamischen Erklärungen beiseite lässt, liegt die wahre Revolution des Scow nicht nur auf dem Meer ... sie liegt auch im Salon. Mehr Breite im Bug bedeutet mehr Innenraumvolumen. Übersetzt heißt das: breitere Kojen, Kabinen, die nicht mehr an das auf dem Campingplatz in Groix eingeklemmte Zwei-Personen-Zelt erinnern, und die Möglichkeit, zu stehen, ohne gegen die Trennwand zu stoßen. So können sich Frau, Mann und Teenager mit dem Leben an Bord versöhnen.

Bei den großen Industriewerften herrscht dagegen Funkstille. Bei den Schwergewichten der Freizeitschifffahrt gibt es keine Bugspitzen, sie ziehen es immer noch vor, ihre Modellreihen mit klassischeren Rümpfen anzubieten. Kommerzielle Vorsicht oder selbstbewusster Konservatismus? Das ist schwer zu sagen. Vielleicht warten sie, bis der Trend Fuß gefasst hat, bevor sie massiv investieren, oder sie fürchten, dass eine Familiencrew das stämmige Aussehen eines Scow nicht akzeptiert.

In der Zwischenzeit machen sich also die kleinen Baustellen mit der Agilität und Freiheit von Außenseitern den Weg frei. Sie wagen, wo die Großen zögern. Und auf den Landungsbrücken sorgt das für ein Lächeln: Wenn man sieht, wie diese prallen Bugs zwischen den braveren Silhouetten hervorlugen, ist das ein bisschen so, als würde ein Gast in Flip-Flops zu einem Gala-Dinner erscheinen. Zuerst denkt man, das sei eine Frechheit, aber dann fragt man sich, ob er nicht vielleicht doch Recht hat.

Die Freizeitschifffahrt hat schon immer mit Trendwellen gearbeitet. Die Wellen von heute könnten die offensichtlichen Karnickel von morgen sein. Aber im Moment sind es noch die kleinen Werften, die das teure Risiko und das teure Vergnügen auf sich nehmen, dieses neue Kapitel zu schreiben.

Es bleibt abzuwarten, ob man morgen noch von "Scow-Trend" spricht oder einfach nur "Segelboot" sagt.

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